Herr Jakob zum Thema Aufschieberitis

„Herr Jakob, dürfen wir Ihnen noch eine Frage stellen?“
„Mhm.“
„Herr Jakob?“
„Ja?“
„Eine Frage?“
„Ach, jetzt gleich? Na, wenn Sie meinen, dass das jetzt gleich sein muss. Dann fragen Sie halt.“
„Herr Jakob, ist es nicht so, dass Sie durch Ihren Winterschlaf auch wichtige Dinge aufschieben. Dinge, die Sie eigentlich erledigen müssten? Und dass Sie diese Dinge dann einfach vor sich herschieben – monatelang?“
„Also, eines muss ich Ihnen mal sagen: Wenn Sie schlafen, schieben Sie nichts. Weder Dinge noch sonst irgendetwas. Und überhaupt: Gerade wenn Sie schlafen, erledigt sich manches wie von selbst. Da vergrübeln Sie sich vorher vielleicht über irgendetwas den Kopf und finden keine Lösung – dann schlafen Sie ein paar Monate, und wenn Sie aufwachen, wissen Sie gar nicht mehr, was das Problem war!“
„Nein? Sie wissen es nicht mehr?“
„Es ist schlicht nicht mehr wichtig oder war nie so wichtig, wie es Ihnen erschien. Und dann denken Sie, dass Sie sich vor dem langen Schlaf völlig umsonst Sorgen gemacht haben. Wissen Sie, manches braucht einfach Zeit. Und manchmal ist auch schlicht noch nicht der richtige Zeitpunkt, um für etwas eine Lösung zu finden oder um etwas Bestimmtes zu tun.“
„Nicht der richtige Zeitpunkt?“
„Nein, es ist noch nicht dran, eine Sache hat noch nicht die Bedeutung, die sie haben muss, um getan zu werden. Da mühen Sie sich dann ganz umsonst ab. Das ist leider völlige Zeitverschwendung. Warten Sie lieber in Ruhe ab, dann kommt irgendwann der Punkt, da wissen Sie ganz genau, was Sie tun wollen oder wie Sie etwas angehen. Da müssen Sie sich nicht schon vorher den Kopf drüber zerbrechen.“
„Ach.“
„Und wenn es dann so weit ist, geht es wie von selbst. Probieren Sie das einmal aus. Wenn Sie bei etwas stocken und partout nicht weiterkommen, dann lassen Sie es einfach liegen. Machen Sie überhaupt nichts. Gehen Sie spazieren, gucken Sie den Enten am Fluss zu oder blicken Sie in den Himmel und staunen Sie über die Wolken. Und denken Sie mal an gar nichts.“
„An gar nichts?“
„Halten Sie einfach die inneren Stimmen ruhig, die Sie ständig mahnen, Sie müssten dieses oder jenes tun und am besten jetzt gleich. Wenn da bei Ihnen Ruhe einkehrt und Sie nur noch Stille hören – herrlich sage ich Ihnen! Genießen Sie das! Irgendwann hören Sie vielleicht eine einzelne leise Stimme, die Ihnen etwas sagen will. Und da hören Sie dann genau hin. Das ist es dann! Diese Stimme haben Sie bloß vorher ständig überhört. Dann wissen Sie plötzlich, wie Sie etwas angehen oder was Sie überhaupt tun wollen.“
„Ja? Wirklich?“
„Ich sage es Ihnen!“