Herr Jakob zum Thema Erwartungen

„Wo sind Sie denn, Sie ewiger Fragesteller?“

„Hallo… hier ist Ihr Herr Jakob, hören Sie mich?“

„Na, also wenn Sie da sind – dann melden Sie sich doch endlich einmal wieder mit einer Frage. … Huhu … Sind Sie da irgendwo … ?“
„Aha. Soso. Da ist er also wieder, der Herr Jakob.“
„Ach. Da sind Sie ja tatsächlich auch wieder!“
„Ja. Da bin ich. Hatten Sie erwartet, ich wäre irgendwohin abgetaucht? Und würde jetzt auf einer Insel am Strand liegen oder sonstwo herumhängen, wo die Sonne scheint? Und Sie, Sie hätte ich hier einfach hängengelassen, nicht? So, wie die Nase auf der Wäscheleine in Ihrem Traum. Na, das haben Sie erwartet, stimmt’s?“
„Na, erwartet, ich weiß nicht. Ich habe mir abgewöhnt, irgendetwas zu erwarten.“
„So, tatsächlich, das haben Sie? Sie erwarten also nichts mehr vom Leben?“
„Nein, ich erwarte nichts mehr im Leben.“
„Ach, wirklich? Sind Sie so ein alter Pessimist geworden, dass Sie überhaupt nichts mehr vom Leben erwarten?“
„Nein, das nicht.“
„Ach, das auch nicht?“
„Nein. Wenn Sie genau zugehört hätten, hätten Sie verstanden, dass ich nichts mehr im Leben erwarte. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich nichts mehr vom Leben erwarte.“
„Ach nein?“
„Nein. Ich erwarte noch sehr viel vom Leben. Wenn Sie das so meinen, dass ich gewisse Zukunftshoffnungen habe und sich das Leben auch immer wieder zum Besseren entwickeln kann. Man eine schöne Überraschung erleben kann. Oder man, etwas salopp gesprochen, aus einer ätzenden oder langweiligen Soße, in die man im Leben ja hin und wieder hinein geraten mag, auch immer wieder herausfinden kann… “
„Ach.“
„Genau. Davon bin ich fest überzeugt. Ich erwarte aber nichts mehr im Leben. Ich sitze nicht da und warte, bis etwas, auf dass ich hoffe, nun auch endlich passiert.“
„Ach nein?“
„Nein. Ich versuche vielmehr, es zu vergessen. Und in der Zwischenzeit, solange es eben noch nicht passiert ist, mache ich etwas anderes. Oder vielleicht auch gar nichts. Aber ich drücke mir das Hirn nicht von innen an der Stirn platt in dieser übergroßen Anstrengung, etwas Bestimmtes zu erwarten und nicht abwarten zu können, dass es dann auch endlich passiert. Meine Güte. Was für eine Anstrengung wäre das denn!“
„Tja.“
„Eben.“