Herr Jakob zum Thema Weihnachten

„Herr Jakob…?“
„Ja, bitte?“
„Ah, ich dachte schon, Sie schlafen noch. Es ist ja mitten im Winter.“
„Da haben Sie recht. Ich bin auch nur kurz aufgestanden.“
„Bei Ihrem letzten Winterschlaf haben Sie auch Weihnachten vollständig verschlafen, nicht wahr?“
„Ja, so ist es!“
„Hat Ihnen denn da nichts gefehlt? Haben Sie nichts vermisst, als Sie wieder aufgewacht sind?“
„Mhm… ja, also wenn Sie mich so fragen… nun, es gab da einen Moment in meinem Winterschlaf, da hatte ich ein richtiges Weihnachtsgefühl.“
„Ein Weihnachtsgefühl? Im Traum?“
„Ein Traum? Ja, womöglich war es ein Traum. Jedenfalls saß ich auf einer Bank und sah in den Schnee, der leise fiel. Es war ganz still, wissen Sie? Der Schnee schluckte alle Geräusche. Etwas entfernt auf einer Bank mir gegenüber saß auch jemand. Und ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass ich diesen Menschen kenne – und gerne kenne! Dann hörte ich plötzlich Musik, ganz majestätische Musik, die Sie sicherlich auch kennen. Die Pauke beginnt, dann die anderen Instrumente, schließlich setzt der Chor ein. Jedesmal wenn ich das höre, geht es mir durch und durch. Ich kann gar nicht anders, als da innerlich zu jauchzen. Es ist mir, als ob die Freude vollständig von mir Besitz ergreift, wenn ich diese Musik höre. Als ob meine innerste Sehnsucht ein Ziel hat, und ich diesem jetzt ganz nahe bin.“
„Sehnsucht?“
„Ja. Ich glaube, darum geht es eigentlich bei Weihnachten. Für mich ist Weihnachten das Fest der Sehnsucht. Der Sehnsucht nach einem umfassenden Heilsein der Welt und allem, was auf ihr lebt. Wir sehnen uns nach Frieden, den es doch oft so wenig gibt, nach umfassender Liebe, die manchmal so gebrochen ist und scheinbar so wenig vorhanden. Doch die Sehnsucht danach bleibt und wird stärker. An Weihnachten ist mir oft, als bliebe die Welt wenigstens für einen Moment stehen, als könnte man eine Pause einlegen und einen Moment erleben, der das Heilsein feiert. Der schon einmal einen Vorgeschmack darauf bietet, wie das sein könnte. Ein Moment, in dem es viel mehr Licht gibt als Finsternis. Für mich fühlt sich Weihnachten manchmal an, als ob sich etwas erfüllen würde. Da ist und kommt noch etwas, das stärker ist als alle Finsternisse dieser Welt.“